Weihnachtsgedanken des Pfarrers

Sehr geehrte Mitschwestern und Mitbrüder im Glauben,


bald werden wir wieder Weihnachten feiern. Heiliger Abend und Heilige Nacht im Jahr 2020. So, wie alle Jahre wieder, nach den Wochen der Erwartung im Advent. Das Geheimnis das wir feiern, ist uns vertraut, doch wir hören die Botschaft jedes Jahr neu. Jesus ist geboren. Gottes Sohn ist Mensch geworden. In diesem Menschenkind in der Krippe berühren sich Himmel und Erde.


Ja, „alle Jahre wieder“ – und trotzdem ist es in diesem Jahr anders. Wir werden sicher nicht in einer vollen Kirche feiern. Wir würden gerne aus vollem Halse die alten Weihnachtslieder singen, müssen aber auch noch vorsichtig sein. Die Pandemie wird sich bis dahin höchstwahrscheinlich nicht zurückziehen. Wir werden in einer ungewöhnlichen Zeit zusammentreffen. Wir werden uns in der tiefsten, heiligen Nacht, aber auch in der tiefsten Herrschaft einer Pandemie treffen.


Traurig - aber das Licht aus dem „Tunnel“ des Ortes Bethlehem gibt uns die Hoffnung auf eine bessere Zukunft, vielleicht sogar schon bald. Zu dem Wort Tunnel werde ich später in meinem Bericht kommen.


Ja, die Weihe-Nacht gibt dem Tag und der ganzen Festzeit den Namen: Weihnachten.

Diese Nacht ist es, die das Geheimnis, den Kern dieses Festes birgt.


Haben Sie mal darüber nachgedacht, wie viele Male Sie im Laufe Ihres Lebens Weihnachten gefeiert haben? Sofort fallen Ihnen die Jahre ein, in denen große Veränderungen eintraten. Die Älteren vergessen die Vertreibung und die Flucht nie. Außerdem die Jahre des Neuanfangs, das erste Weihnachten in der eigenen Wohnung, die Geburt eines Kindes. Diese Fest-Zeiten stehen Ihnen sofort vor Augen, sie haben sich tief eingeprägt. Da kann jemand siebzig oder achtzig Mal Weihnachten erlebt haben. Jedes Jahr war es wieder anders.


Auch die Jahre, vielleicht Jahrzehnte, in denen wir „aus der Kurve“ gelaufen sind. Jahre, in denen uns der Glaube nicht viel sagte, vielleicht gar nichts, und wir deswegen von dieser Zeit kaum Notiz nahmen, aus welchen Gründen auch immer und mit welchen Enttäuschungen über die Kirche und deren „Bodenpersonal“ die eigene religiöse Biografie so gelaufen ist. Aber auch die Jahre nach Abschied und Trennung und vielleicht in ernster Krankheit. Ja, die Zeiten stehen Ihnen vor Augen und sie haben sich in Ihren Gedanken tief eingeprägt.


Apropos Krankheit, neulich habe ich mit einer Frau gesprochen, die mir ihre tragische Geschichte erzählt hat. Weil die Frau weit von Naumburg wohnt, möchte ich Ihnen die Geschichte, obwohl sie nicht so weihnachtlich klingt, erzählen. Na ja, weihnachtlich oder nicht weihnachtlich, Weihnachten aber hat mit den Menschen zu tun.


Also, „Herr Pfarrer, ich werde nicht, ja, ich will nicht Weihnachten feiern“, hat Sie mir mit harten Worten gesagt.

„Gibt es noch Gerechtigkeit in der Welt?“, hat sie gefragt. „Ist Ihr Gott wirklich noch barmherzig und auch gerecht?“ Nach diesen Worten habe ich vermutet: jetzt wird es ernst.


„Ich habe mich mit dem Corona Virus infiziert und unbewusst habe ich auch meinen Mann mit dem Virus angesteckt. Lange Zeit haben wir, habe ich in einem Krankenhaus verbracht. Es war eine sehr, sehr schwierige Zeit. Ich habe mit Tränen in den Augen an meine Tochter gedacht. Sie war im achten Monat schwanger. Ich würde wahrscheinlich mein Enkelkind nicht sehen. Mir ging es inzwischen so schlecht und mein Mann lag im Koma, ich dachte: wir überleben diese Krankheit nicht.“


„Nach langer Zeit plötzlich habe ich ein kleines Licht im Tunnel gespürt. Die schwere Krankheit hat sich teilweise zurückgezogen. Mir ging es plötzlich viel besser. Sofort habe ich an meinen Mann gedacht. Auf meine Frage, wie es ihm geht, hat mir niemand eine Antwort gegeben. Später habe ich erfahren, dass mein Mann diese Krankheit nicht überlebt hat.

Er wurde in aller Stille beerdigt, ohne dass ich das gewusst habe.

Und ich, ja gerade ich habe ihn angesteckt. Mir sind die Tränen viele Tage aus den Augen geflossen. Ach, was für eine Tragödie! Meine Tochter, die das Kind schon geboren hat, hat mir am Telefon gesagt: „Mama ich bete für dich, dass du das „Licht“ nicht nur in einem Tunnel siehst “. Ich möchte anfügen, dass sie eine Gemeindereferentin ist. Ich bin leider nicht zum Glauben gekommen. Ich habe in einer Ecke des Landes gelebt, wo es sogar nicht erlaubt war eine Kirche zu besuchen. Außerdem habe ich damals auch keine Sehnsucht nach einer Kirche gehabt. Vielleicht, ja vielleicht wird sich das ändern, man weiß es nicht.“


„Herr Pfarrer, sagen Sie mir, wie soll ich in so einer Lage Weihnachten feiern?“, und sie fragt mich erneut „Gibt es noch Gerechtigkeit auf der Welt? Ist Ihr Gott gerecht und ist er noch barmherzig?“ Na ja, schwierig ist es mit einem Menschen zu diskutieren, wenn er oder sie schon von Anfang an alles schwarzsieht.


Na ja, vielleicht manchmal aus ihrer Sicht mit Recht?

„Aber, liebe Frau, hören Sie mich kurz an, denken Sie an das „Licht im Tunnel“, das Sie damals gespürt haben“, habe ich ihr gesagt. Vielleicht, ja vielleicht hat sie gerade dieses Licht mit den Händen der Ärzte und dem Pflegepersonal aus der Misere herausgeholt?

Na ja, später haben wir lange gerade über das „Licht“ gesprochen.

Zum Schluss hat sie sehr sehr leise gesagt: „Zu Weihnachten gehe ich in die Kirche und zünde eine Kerze an. Herr Pfarrer, ich möchte, ja ich möchte Weihnachten feiern.“

Ja, wir alle sollen, obwohl es so ist wie es ist, Weihnachten feiern. Niemand von uns soll den Kopf einziehen oder sich mit schlechtem Gewissen davonschleichen. Dann werden wir den Kern des Weihnachtsfestes spüren und das Licht in der Tiefe des Herzens sehen

Egal, was für eine Misere uns momentan umarmt.


Auf der Erde, die so gebeutelt ist und durch die Pandemie so geknickt ist, möge ein Krisenfeuer nach dem anderen erlöschen, damit Menschen in Frieden miteinander leben, damit Menschen von den Fesseln der Pandemie befreit werden.

Euch allen gilt Gottes Gnade. Sein Wohlgefallen habt ihr.


„Inmitten der Nacht“ ist es ermutigend, die Engel des Höchsten zu hören: „Fürchtet euch nicht.“ Die Hirten und jede und jeder von uns sind angesprochen. „Fürchtet euch nicht! Große Freude verkündige ich euch.“ Das ganze Volk soll von dieser Botschaft ergriffen werden: Der Retter ist euch geboren.


Das Licht im „Tunnel“ des Universums erleuchtet euch. Ja, das ist die Zusage von Weihnachten, auch von Weihnachten 2020. Das Angebot seiner Freundschaft gilt euch. Keine quälende Angst soll euch verunsichern.


Wunderschön bringt der evangelische Pfarrer und großartige Liederdichter Paul Gerhardt dies zum Ausdruck: „Ich lag in tiefster Todesnacht, du warest meine Sonne, die Sonne, die mir zugebracht Licht, Leben, Freud und Wonne. O, Sonne, die das werte Licht des Glaubens in mir zugericht, wie schön sind deine Strahlen“. (GL 256, 3)


Geehrte Mitchristen, das Licht der Heiligen Nacht möge in unseren Familien leuchten, in unserer Gemeinde, in unseren Orten, in denen wir wohnen. Das Licht Gottes, das uns in der Geburt seines Sohnes erstrahlt ist, erleuchte unsere Wege und lenke all unser Denken, Planen und Handeln.


Mit diesen Worten, geehrte Gemeinde, wünsche ich Ihnen, mir und allen, die in den Krankenhäusern das Licht der Hoffnung schon sehen oder noch weit davon entfernt sind, ein besinnliches und gesegnetes Weihnachtsfest. Außerdem wünsche ich uns allen ein gesundes Jahr 2021. Möge uns Gott alle mit seiner Liebe umarmen.


Es grüßt Sie

W. Johannes Kowal, Stadtpfarrer

 
 

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Ich möchte mich bei all denen, die durch das Erstellen von Textbeiträgen, Filmen und Bildern unseren Internetauftritt ermöglichen, recht herzlich bedanken.


W. Johannes Kowal
Stadtpfarrer, Geistlicher Rat

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