Er wurde in aller Stille beerdigt, ohne dass ich das gewusst
habe.
Und ich, ja gerade ich habe ihn angesteckt. Mir sind die
Tränen viele Tage aus den Augen geflossen. Ach, was für eine Tragödie! Meine
Tochter, die das Kind schon geboren hat, hat mir am Telefon gesagt: „Mama ich
bete für dich, dass du das „Licht“ nicht nur in einem Tunnel siehst “. Ich
möchte anfügen, dass sie eine Gemeindereferentin ist. Ich bin leider nicht zum
Glauben gekommen. Ich habe in einer Ecke des Landes gelebt, wo es sogar nicht
erlaubt war eine Kirche zu besuchen. Außerdem habe ich damals auch keine
Sehnsucht nach einer Kirche gehabt. Vielleicht, ja vielleicht wird sich das
ändern, man weiß es nicht.“
„Herr Pfarrer, sagen Sie mir, wie soll ich in so einer Lage
Weihnachten feiern?“, und sie fragt mich erneut „Gibt es noch Gerechtigkeit auf
der Welt? Ist Ihr Gott gerecht und ist er noch barmherzig?“ Na ja, schwierig
ist es mit einem Menschen zu diskutieren, wenn er oder sie schon von Anfang an
alles schwarzsieht.
Na ja, vielleicht manchmal aus ihrer Sicht mit Recht?
„Aber, liebe Frau, hören Sie mich kurz an, denken Sie an das
„Licht im Tunnel“, das Sie damals gespürt haben“, habe ich ihr gesagt.
Vielleicht, ja vielleicht hat sie gerade dieses Licht mit den Händen der Ärzte
und dem Pflegepersonal aus der Misere herausgeholt?
Na ja, später haben wir lange gerade über das „Licht“
gesprochen.
Zum Schluss hat sie sehr sehr leise gesagt: „Zu Weihnachten
gehe ich in die Kirche und zünde eine Kerze an. Herr Pfarrer, ich möchte, ja
ich möchte Weihnachten feiern.“
Ja, wir alle sollen, obwohl es so ist wie es ist,
Weihnachten feiern. Niemand von uns soll den Kopf einziehen oder sich mit
schlechtem Gewissen davonschleichen. Dann werden wir den Kern des
Weihnachtsfestes spüren und das Licht in der Tiefe des Herzens sehen
Egal, was für eine Misere uns momentan umarmt.
Auf der Erde, die so gebeutelt ist und durch die Pandemie so
geknickt ist, möge ein Krisenfeuer nach dem anderen erlöschen, damit Menschen
in Frieden miteinander leben, damit Menschen von den Fesseln der Pandemie
befreit werden.
Euch allen gilt Gottes Gnade. Sein Wohlgefallen habt ihr.
„Inmitten der Nacht“ ist es ermutigend, die Engel des
Höchsten zu hören: „Fürchtet euch nicht.“ Die Hirten und jede und jeder von uns
sind angesprochen. „Fürchtet euch nicht! Große Freude verkündige ich euch.“ Das
ganze Volk soll von dieser Botschaft ergriffen werden: Der Retter ist euch
geboren.
Das Licht im „Tunnel“ des Universums erleuchtet euch. Ja,
das ist die Zusage von Weihnachten, auch von Weihnachten 2020. Das Angebot
seiner Freundschaft gilt euch. Keine quälende Angst soll euch verunsichern.
Wunderschön bringt der evangelische Pfarrer und großartige
Liederdichter Paul Gerhardt dies zum Ausdruck: „Ich lag in tiefster Todesnacht,
du warest meine Sonne, die Sonne, die mir zugebracht Licht, Leben, Freud und
Wonne. O, Sonne, die das werte Licht des Glaubens in mir zugericht, wie schön
sind deine Strahlen“. (GL 256, 3)
Geehrte Mitchristen, das Licht der Heiligen Nacht möge in
unseren Familien leuchten, in unserer Gemeinde, in unseren Orten, in denen wir
wohnen. Das Licht Gottes, das uns in der Geburt seines Sohnes erstrahlt ist,
erleuchte unsere Wege und lenke all unser Denken, Planen und Handeln.
Mit diesen Worten, geehrte Gemeinde, wünsche ich Ihnen, mir
und allen, die in den Krankenhäusern das Licht der Hoffnung schon sehen oder
noch weit davon entfernt sind, ein besinnliches und gesegnetes Weihnachtsfest.
Außerdem wünsche ich uns allen ein gesundes Jahr 2021. Möge uns Gott alle mit
seiner Liebe umarmen.
Es grüßt Sie
W. Johannes Kowal, Stadtpfarrer