Pilgern auf dem Franziskusweg in Umbrien/Italien

Pilgern auf dem Franziskusweg in Umbrien/Italien

Im Herzen Italiens gibt es einen historisch belegten Pilgerweg, der an die Wirkungsstätten des Heiligen Franziskus führt. Der Weg führt von Florenz bis nach Rom. Wir haben das schönste Stück des Weges gewählt und sind mit einer ökumenischen Pilgergruppe aus Melsungen gepilgert. Die Vorbereitungen wurden von der evangelischen Pfarrerin Sandra Scholz und einem Gemeindemitglied in hervorragender Weise durchgeführt. Unser Weg mit 18 Pilgern begann nach dem Flug nach Rom in Gubbio und führte in 10 Tagesetappen bis in das franziskanische Kloster „La Romita de Cesi“ über insgesamt 130 km.


Franziskus von Assisi (1182-1226), ein Mensch aus dem Mittelalter, übt auf uns Menschen des begonnen 21. Jahrhunderts trotz der zeitlichen Distanz eine große Faszination aus. Vor 800 Jahren hat er gelebt und gewirkt, und doch lebt und wirkt er in unserer Zeit immer noch, vielleicht mehr als zu seinen Lebzeiten, ein einzigartiges Phänomen in einer von Wissenschaft, Technik und Fortschritt geprägten Welt.
In seiner Denk- und Lebensweise entdecken wir inspirierende Impulse für die Bewältigung unserer Lebenssituation in Bezug auf Konsum, der geistig träge, krank und arrogant macht, in Bezug auf Frieden, der auf gegenseitiger Abschreckung basiert, in Bezug auf die Bewahrung der bedrohten Schöpfung, die wir erst jetzt wieder schätzen- und lieben lernen, nachdem wir sie fast zugrunde gerichtet haben.
Im Verlauf unserer Pilgerwanderung kamen wir zu vielen Orten, wo die Erinnerung an Franziskus heilsam und befreiend auf uns wirkte. Sein Frei sein von Geld- und Besitzgier und vom Machtdenken, seine Achtung vor jedem Menschen, seine universale Schwester- und Brüderlichkeit, sein bedingungsloses Vertrauen in das Gute: All dies könnte uns zum Umdenken anregen und uns befreien von Konsumzwang und Wachstumswahn, von Profit-, Konkurrenz- und Blöcke denken, vom Freund-Feind -Schema.

Nach insgesamt 60 km Wanderung auf dem Friedensweg erreichten wir am dritten Tag Assisi. Schon von ferne erblickten wir am Fuße des Monte Subasio liegende Stadt. Ein langer Anstieg bringt uns immer näher durch das Stadttor in die stimmungsvolle Altstadt mit ihren zahlreichen Kirchen. Inmitten zahlloser, vor allem junger Besucher aus aller Welt finden wir Ruhe und Erholung in einem Franziskanerinnen-Kloster. Außer Rom gibt es wohl keine Stadt in Italien, die bei den Menschen soviel Widerhall gefunden hat. Noch immer bewahren die engen winkligen Straßen ihr mittelalterliches Antlitz. Da klebt Haus an Haus, in- und übereinder verschachtelt. Durch einen Franziskanerbruder wurde uns nochmals Leben und Wirken des hl. Franziskus an seiner Wirkungsstätte erläutert und besuchten mit seiner Führung die Basilika von San Francesco, die Kirche San Damiano und weitere historische Monumente.

Die Pilgerwanderung führte uns nach weiteren drei Wandertagen nach Spoleto, am Fuße des Berges Monteluco. Wir haben wieder Unterkunft in einem Kloster von Franziskanerinnen gefunden und werden hier liebevoll von den alten Schwestern betreut. Spoleto ist auch eine sehr schöne mittelalterliche Stadt mit großer Geschichte, von den Römern gegründet. Das überragende architektonische Meisterwerk ist die Kathedrale Santa Maria Asunta, geprägt von verschiedenen Baustielen als Zeugnis verschiedener Epochen, die sich aber harmonisch zusammenfügen.

Unsere letzte Wanderetappe über 28 km führte uns nun in die Romita di Cesi.
Die Romita ist eine franziskanische Einsiedelei, deren Geschichte mit der Ankunft der syrischen Eremiten vor dem 10. Jahrhundert beginnt. Im 10. Jahrhundert erbauten die Franziskaner eine kleine Kapelle, die Franziskus um 1213 restaurierte. Franziskus verfasste hier einen Entwurf zum Sonnengesang. 1230 wurde ein erstes kleines Kloster errichtet.
Ende des 19. Jahrhunderts lebte hier eine blühende franziskanische Gemeinschaft, die diese in den Bergen versteckte Oase verlassen musste, als die Klöster bei der Staatsgründung von Italien 1861 verboten wurden. Die Natur überwucherte alles. 1991 begann Pater Bernardino mit einer Schar von Freunden, auch aus der Gemeinde Melsungen, Stein für Stein wieder aufzubauen. Die Romita ist ein Ort der Besinnung und der Einfachheit. Wir lebten herrlich ohne elektrischen Strom, von Wasser aus der Zisterne, Duschen im Freien und Produkten aus den zugehörigen Gartenanlagen.
Pater Bernardino, der ganz nach den franziskanischen Prinzipien allein mit freiwilligen Helfern uns verpflegt und beherbergt hat, ist 1939 geboren, 1956 in den Franziskanerorden eingetreten, studierte Philosophie und Theologie in Fulda, Rom und Tübingen auch bei J. Ratzinger. 1978 promovierte er bei Prof. Hans Küng (Katholische Theologie) in Tübingen. Er hat eine sehr kritische Einstellung zum Erscheinungsbild der heutigen Institution Kirche. Ab 1979 baute er das internationale franziskanisch-ökumenische Lebenszentrum San Masseo bei Assisi auf mit dem Ziel, geistliches Leben (Gebet, Meditation, Stille) zu verbinden mit körperlicher Arbeit auf dem Land, mit Verantwortung für die uns anvertraute Schöpfung Gottes, mit kreativen und einfachen Lebensstil.
Nach diesen besinnlichen Tagen mussten wir nun wieder von Rom nach Deutschland zurückfliegen mit dem festen Vorsatz, ein wenig „franziskanisch“ zu denken und zu handeln.

Die Bilder und der Text wurde uns freundlicher Weise von Herrn Helmut Hocke zur Verfügung gestellt.



 

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Ich möchte mich bei all denen, die durch das Erstellen von Textbeiträgen, Filmen und Bildern unseren Internetauftritt ermöglichen, recht herzlich bedanken.


W. Johannes Kowal
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