Bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts fanden in unserer Stadt die Beerdigungen auf dem Kirchplatz, der somit zugleich auch Begräbnisplatz war, statt. Daran erinnern, die auf dem Platz aufgestellten Grabsteine und die vom Marktplatz ausgesehene Gedenktafel „Ihr seid nicht vergessen“, die an der Kirchmauer angebracht ist.
Wie aber kam es zur Verlegung der Begräbnisstätte vor die Tore Naumburg`s?
Die Neuanlage des Naumburger Friedhofs fiel in die Epoche der Reformation als die Waldecker Grafen Amtsinhaber des Amtes Naumburg waren.
Die Gründe für die Verlegung des Friedhofs sind unbekannt, wir können nur vermuten, dass die Überfüllung des alten Friedhofs ausschlaggebend war oder es aus hygienischen Gründen wegen der immer wiederkehrenden Seuchengefahr geschah. Vielleicht lag es auch im Zuge der Zeit oder man sah darin eine Bestätigung der vollzogenen Reformation. Für diese letztere Erklärung spricht die Tatsache, dass man nach der Gegenreformation wieder den alten Friedhof benutzte.
Noch 100 Jahre später ist bei den Beerdigungen angegeben: in coemiterio ante oder extra portas oder: apud (prope) ecclesiam.
Mit dem steinernen Friedhofsportal (siehe oben) schuf sich Pfarrer Briäus, evangelischre Pfarrer während der Reformationszeit ein bleibendes Denkmal in unserer Stadt. Die Ausführung übernahm der bekannte Kasseler Bildhauer Andreas Herber. Das mit Wappen und Inschriften geschmückte Portal zeigt im Dreieckgiebel ein Relief mit der Auferstehung Christi. Darunter sind die Wappen von Mainz, Waldeck und Hessen angebracht. Unter den Wappen befindet sich eine Tafel mit der lateinischen Bauinschrift, die in Übersetzung lautet:“Im Jahre 1577 nach der Menschwerdung des Erlösers wurde dieser Friedhof errichtet, als Herr Daniel, Graf und Herr von Waldeck mit seiner Gemahlin Barbara, einer geborenen Prinzessin von Hessen, regierte. Diesen Amtsbezirk verwaltete Johann Georg Schild aus Kassel, das Pfarramt verwaltete Georg Briäus aus Korbach und das Bürgermeisteramt Bertold Boene.“ Eine zweite Inschrift lautet:“Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, der wird leben, wenn er gleich stürbe; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben“ (Joh.11,Vers 25-26). Links vom Rundbogen ist das Wappen der Herrn Hertingshausen, rechts das Wappen der Stadt Naumburg.
Der oben erwähnte Graf Daniel, Bruder des regierenden Grafen von Waldeck, hatte das Schloss Naumburg als Wohnsitz erhalten. Er starb bereits im folgenden Jahr und wurde in der Netzer Kirche beigesetzt.
Zum Andenken an den alten Friedhof verfasste Herr Heinrich Ernst Kramer im Jahr 1938 ein Lied in Versform.
Textquelle:
Dr. Volker Knöppel, Jahrbuch Geschichtsverein 10. Band 1992;
Karl-Franz Thiede, Die heilige Linde 2013
Bildquelle:
Karl-Franz Thiede