Am Samstag, 29. November 2020, fand in der adventlich geschmückten Stadtpfarrkirche St. Crescentius eine Vorabendmesse der
besonderen Art statt.
Im Rahmen eines Familiengottesdienstes, der von den
Katechetinnen der Kommunionkinder und Gemeinderefentin Frau Gisela Mihm
gestaltet wurde, trugen sie den anwesenden Gläubigen eine Bildergeschichte „Punchinello
Du bist einmalig“ vor.
Stadtpfarrer Geistlicher Rat W. Johannes Kowal und die
Anwesenden lauschten der kindgerechten Geschichte und bedankten sich mit einem
Applaus bei den Vortragenden.
Die Holzpuppen, um die es in dieser Geschichte geht, waren
von einem Holzschnitzer geschnitzt worden. Jede Holzpuppe sah anders aus.
Einige hatten große Nasen, andere große Augen. Aber alle waren sie vom gleichen
Schnitzer gemacht, und alle lebten im selben Dorf. Und den ganzen Tag lang,
tagein tagaus taten die Holzpuppen dasselbe: Sie klebten sich gegenseitig
Aufkleber an. Jede Holzpuppe hatte eine Schachtel mit Goldstern-Klebern und
eine Schachtel mit Graupunkt-Klebern. In allen Straßen der Stadt konnte man
Leute dabei beobachten, wie sich gegenseitig Goldsterne oder Graupunkte
aufklebten.
Die Hübschen, die mit glattem Holz und feiner Bemalung,
bekamen immer Goldsterne. Die Begabten bekamen auch Sterne. Einige konnte große
Stöcke hoch über ihre Köpfe halten oder über hohe Kisten springen. Andere
wiederum waren vortreffliche Redner oder konnten wunderschöne Lieder singen.
Jeder gab ihnen Sterne. Einige
Holzpuppen waren geradezu übersät mit Sternen. Jedes Mal, wenn sie einen Stern
aufgeklebt bekamen, fühlten sie sich so großartig, dass sie etwas neues taten
und dafür wieder einen Stern bekamen.
Andere jedoch hatten keine besonderen Fähigkeiten. Sie
bekamen graue Punkte.
Punchinello war einer
von diesen. Er versuchte, genauso hoch wie die anderen zu springen, aber er
fiel dabei immer hin. Und wenn er fiel, versammelten sich die anderen um ihn
herum und klebten ihm noch mehr graue Punkte an. Einige Male zerkratzte sein
Holz beim Fallen, und deshalb gaben ihm die Leute abermals Punkte.
Punchinello hatte Angst, sich dumm anzustellen, zum Beispiel
seinen Hut zu vergessen oder in eine Pfütze zu treten und dann von den anderen
wieder einen Punkt abzukriegen. “Er hat viele Punkte verdient” waren sich die
Holzpuppen einig. “Er ist kein guter Holzmensch.” Allmählich glaubte ihnen
Punchinello. “Ich bin keine gute Holzpuppe”, sagte er zu sich selbst. Die
wenigen Male, die er noch aus dem Haus ging, verbrachte er zusammen mit anderen
Holzpuppen, die ebenfalls viele Punkte trugen.
Eines Tages traf er auf eine Holzpuppenfrau, die anders war
als alle, die er jemals kennengelernt hatte. Sie trug weder Sterne noch Punkte.
Sie war einfach ganz aus Holz. Sie hieß Lucia. Es war nicht etwa so, dass die
Leute nicht versuchten, ihr Aufkleber anzukleben; aber sie hafteten einfach
nicht. Einige bewunderten Lucia dafür, dass sie keine Punkte hatte und eilten
auf sie zu und gaben ihr einen Stern. Aber der fiel dann jedes Mal ab. Einige
sahen auf sie herab, weil sie keine Sterne trug und klebten ihr dafür einen
Punkt auf. Aber auch der hielt nicht.
“So möchte ich auch sein!” dachte Punchinello. „Ich will mir
keine Marken von irgendjemandem aufkleben lassen.“ Also fragte er die
Holzpuppenfrau ohne Aufkleber, wie sie das machte.
“Es ist ganz einfach”, antwortete Lucia. “Ich besuche den
Holzschnitzer jeden Tag. Ich besuche ihn in seiner Werkstatt.”
Punchinello: “Warum?”
Lucia: “Finde es doch selbst heraus. Geh den Hügel hinauf.
Er ist dort oben.”
Und mit diesen Worten drehte sich die Holzpuppenfrau ohne
Aufkleber um und war verschwunden.
Den Gestalterinnen der Vorabendmesse sei herzlichst gedankt.