Sanierung der "Lötzerich" Orgel in St. Crescentius

Am 16.07.2019 beginnen die Orgelbauer der Fa. Orgelbau Rotenburg mit dem Ausbau der etwa 1700 Pfeifen aus dem Gehäuse. Die Holz- und Metallpfeifen werden zum Teil mit in den Orgelbaubetrieb genommen, zum Teil aber auch im Gemeindehaus eingelagert. Danach wird das Orgelgehäuse mit einem „Dach“ aus OSB-Platten versehen und staubdicht verpackt, mittels Datenlogger wird die Feuchtigkeit überwacht.


Am 11./14.04.2020 wird die Hülle wieder entfernt; das Gehäuse hat die Zeit völlig unbeschadet überstanden;

„Die Stadt Naumburg hat sie (die Orgel)aus städtischen Mitteln beschafft zum Preise von 7000 Mark; auch der Prospekt (Gehäuse) im gotischen Stil ist neu und sind Anstrich und Vergoldung in der Kaufsumme eingeschlossen.“ (1897)


Die Arbeit der Orgelbauer beginnt danach mit dem Reinigen von Pfeifen, teilweise im Pater-Bonifatius-Dux-Haus, teilweise im Orgelbaubetrieb.

Der Auftrag an die Orgelbauer, Orgelbau Rotenburg - dabei ist der Ex- Naumburger Thomas Schülken, der die Orgel vor 30 Jahren bei der Fa. Lötzerich mit gebaut und seitdem die Orgel gepflegt hat- umfasst die Reinigung und Schimmelbehandlung, notwendige Reparaturen, Justierungen, intonatorische Arbeiten, die Stimmung, Arbeiten am Gehäuse zur besseren Belüftung, Sicherungsarbeiten am Stimmgang, eben all das, was nach 30 Jahren problemloser Funktion nun einmal fällig ist.


Darüber hinaus bietet die „Zerlegung“ der Orgel zur Reinigung auch die Gelegenheit, kleine Korrekturen am Klangbild vorzunehmen, z.B. durch das Herabsetzen des Winddrucks, durch das „Rücken“ von Pfeifen und damit der Veränderung des Mensurenverlaufs. Wenn der Durchmesser der Pfeife, der sich von Pfeife zu Pfeife/von Ton zu Ton verändert, zu früh, d.h. schon ab der Mitte der Tastatur zu eng wird, wird der Klang zu "scharf". Hier setzen die Orgelbauer eine bis drei Pfeifen "dazwischen", sodass die folgenden Pfeifen nach oben rücken und die damit weiteren Mensuren zu einem weicheren, volleren Klang führen, was eher dem Klangideal der Romantik entspricht. Durch Korrekturen am Labium, das ist der Spalt, wo der Ton entsteht, gibt es Veränderungen in der „Ansprache“ der Pfeifen.


So wird auch der Prinzipalbass 16‘, der aus Kostengründen in 1992 aus vorhandenen Violonpfeifen und Pfeifen aus dem Lager des Orgelbauers zusammengesetzt war, durch den Neubau einiger Holzpfeifen an der Stelle, wo die Mensuren zu eng waren und durch „Rückung“ der folgenden Pfeifen zu einem durchgehend harmonischen Prinzipalbass ausgebaut, um ein Beispiel zu nennen.


Besonders viel Arbeit macht die Posaune 16' mit ihren bis zu 4,80m langen Holzbechern, die für Holzwürmer besonders schmackhaft zu sein scheinen. Holzwurmlöcher, die durch das Holz durchgebohrt sind beeinträchtigen den Schwingungsverlauf des Tones und müssen verschlossen werden, z.B. durch eine Leimfarbe, wegen ihrer Farbe (und Herkunft) auch "Ochsenblut" genannt.


Wenn wir bisher geglaubt hatten, das Register Posaune stamme aus der Werkstatt der Orgelanstalt Sauer,Frankfurt/Oder, so weist die nicht so hohe Qualität der Zungen und der Stiefel nicht deren Standard auf. Die Protokolle der Pfarrei weisen für Mai 1946 den Einbau zweier neuer Register durch den Orgelbauer Werner Bosch aus.


Dem Organisten Loskant ist es auch gelungen, durch Spenden, z.B. von der Naumburger TonArt und drei weiterer Personen, die nötigen Mittel für das Bass-Register „Fagott 8‘“ zusammen zu bekommen, das zwar in der Orgel schon vorbereitet ist; für die Pfeifen war aber bei dem Orgel-Neubau in 1991/92 kein Geld mehr eingeplant. So kann jetzt das Orgelwerk durch den Einbau von 30 Pfeifen ins Pedalwerk komplettiert werden.


Wir haben somit jetzt eine Orgel, deren Gehäuse größtenteils aus 1897 stammt, mit 9 Registern, die auch schon in der Sauer- Orgel verbaut waren und zusammen mit 2 Registern aus 1946 in das neue Orgelwerk der Fa. Lötzerich 1992 übernommen wurden zusammen mit 17 neuen Registern, und nun mit einem Register Fagott 8‘ aus 2020 von der Fa. Orgelbau Rotenburg, die die gleiche Aufgabe hat wie die Gesamtmaßnahme „Kirchenrenovierung 2019/2020“, nämlich die Einzelteile aus verschiedenen Epochen zu einem harmonischen Gesamtwerk zusammenzuführen.


Einen völlig neuen, unbekannten Klang aus der Orgel können Kirchenbesucher vernehmen: Die Orgel verfügt jetzt über einen Zimbelstern, ein kleines Glockenspiel mit einem sich drehenden Stern oben im Gehäuse, auch eine Spende.


„Unsere“ Orgelbauer arbeiten mit einer unendlichen Liebe zum Detail und damit zu ihrer Arbeit!

Schlusswort


Zu Beginn der Renovierungsarbeiten habe ich von einem Mandatsträger der politischen Gemeinde den Satz gehört: „Warum steckt ihr so viel Geld in die Kirche (Renovierung), es geht doch sowieso keiner mehr rein.“


Für uns gläubige Christen ist das Kirchengebäude das „Wohnzimmer unseres Glaubens“; hier sind wir in der Taufe in die Kirche aufgenommen worden, hier haben wir geheiratet, hier wird unser gedacht, wenn wir diese Welt verlassen.

Das Kirchengebäude ist Versammlungsort der Gemeinde, der Ort der rituellen Gottesdienste, der besonderen Anwesenheit Gottes, der Meditation.


Die Naumburger Kirche, die man eigentlich nicht mehr Stadt-Pfarrkirche nennen kann, weil die Baulastverpflichtungen der Stadt am 13.04.2004 abgelöst, beendet wurde, ist weiterhin für die Stadt das prägende Bauwerk. Egal aus welcher Richtung man sich Naumburg nähert, das Kirchengebäude beherrscht das Stadtbild und ist als Bauwerk das bedeutende Kulturdenkmal unserer Kernstadt Naumburg, das von Besuchern auch als solches aufgesucht wird.


Wenn jetzt Pfarrei und Bistum mehr Geld als geplant in den Erhalt des Gebäudes, speziell in die Renovierung der Gewölbe stecken musste, so ist das auch eine Folge der unzureichend wahrgenommenen Baulastverpflichtung vor 2004.


Zum Ablauf der Renovierungsmaßnahme selbst:

Als am 12.07.2019 mit dem Ausräumen der Kirche vor allem durch Mitglieder der Stadtkapelle die Renovierung begann, waren jahrelange Verhandlungen mit dem Bistum vorausgegangen. Jetzt, da die Maßnahme (handwerklich) abgeschlossen ist, haben wir mit Datum 06.08.2020 auch schriftlich die Bewilligung eines Zuschusses des Bistums von 720.000,-€ erhalten. „Gottes Mühlen mahlen langsam“, so sagt man, die des Bistums sicher noch langsamer!


Wenn die Renovierungsarbeiten sich nun über 13 Monate hingezogen haben und manchmal wochenweise keine Handwerker an der Baustelle waren, so halten altgediente Handwerker den zeitlichen Ablauf der Renovierungsmaßnahmen für überaus angemessen.

Ich habe es als meine Aufgabe angesehen, das Zusammenspiel von Architekt, bischöflicher Baubehörde, Baufirmen, Künstlerin, Restauratoren, Verwaltungsrat und Pfarrer am Laufen zu halten und zu diesem gelungenen Ergebnis zu bringen.


Kirchliches Leben besonders auch in diesen Corona-Zeiten und auch danach- so es denn ein Danach geben wird- wieder in Gang zu bringen, das dürfte die schwierigere Aufgabe sein.


Michael Loskant im August 2020

 

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Ich möchte mich bei all denen, die durch das Erstellen von Textbeiträgen, Filmen und Bildern unseren Internetauftritt ermöglichen, recht herzlich bedanken.


W. Johannes Kowal
Stadtpfarrer, Geistlicher Rat

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