mit diesen Worten heiße ich Dich in unserer Kirche herzlich willkommen und möchte Dir etwas erzählen:
„Der Raum, in dem Du stehst, ist heilig“.
Denke nach: Geheiligt ist der Raum durch die Scharen der vielen Menschen, die durch die mehr als 5 Jahrhunderte hindurch die Geschichte des Raums gelebt und mit ihrem Dasein geschrieben haben. Menschen, die in den tausend mal tausend Gottesdiensten Gott gefeiert haben; Menschen, die hier die Stille des Herzens gesucht haben; Menschen, die in der Hektik des Alltags die Ruhe gebraucht und – ich bin mir sicher – auch gefunden haben; Menschen, die in der Enttäuschung Gottes Nähe gesucht haben; Menschen, die in der Krankheit Gottes Liebe spüren wollten; Menschen, die im Tode die ewige Ruhe bei IHM gefunden haben; Menschen – wie Du und ich.
„Der Raum, in dem Du stehst, ist heilig“.
Denke nach: Geheiligt ist der Raum durch die großen Scharen der Menschen, die durch die Jahrhunderte hindurch hinein gegangen sind, um Gott zu loben und wieder hinaus gegangen sind, getröstet und gestärkt mit der Kraft von der Höhe, mit der Kraft Gottes.
„Der Raum, in dem Du stehst, ist heilig“.
Denke nach: geheiligt wird der Raum auch durch Dich, der Du eingetreten bist, um in der Stille Gottes Nähe zu suchen, um in der Stille Gottes Liebe zu spüren, um in der Stille mit den Ohren des Herzens zu hören, was dieser Raum der Kirche Dir über seine lange Geschichte erzählen möchte. Höre zu, wie ich es mit den Ohren des Herzens gehört habe, damals, als ich das erste Mal diesen Kirchenraum betreten habe. Höre zu, so wie ich es jedes Mal tue, wenn ich diesen Raum betrete, um wieder aufs Neue zu hören, was der leise Hauch des Geistes der langen Geschichte mir in die Ohren flüstert. Setze Dich nieder, und versuche die Szenen der Geschichte dieses Raums in Deinen Gedanken zu betrachten. Knie nieder vor deinem Gott und sage ihm – wie die Menschen, die schon vor Dir hier waren und vor IHM knieten – was Dich belastet, sage ihm, was Dich im Herzen schmerzt, erzähle ihm von Deinen Enttäuschungen, erzähle ihm auch von Deinen Freuden und Deinen Plänen. Sprich mit ihm wie mit einem guten Vater und einer guten Mutter, Deinem Vater und Deiner Mutter, die Dich lieben, sehr lieben.
„Der Raum, in dem Du stehst, ist heilig“.
Denke nach: In diesem Haus bist du nicht nur wie ein Gast, Du bist im Haus Deines Vaters. Wenn Du aber weggehst, denke nach, so wie ich es auch immer tue, dass der Raum auch durch Deine Gegenwart geheiligt worden ist, durch Dich, der hier war, um die Gottes Nähe, seine Nähe und seine Liebe zu spüren.
„Der Raum, in dem Du stehst, ist heilig“.
Denke nach: Du bist im Hause Gottes, Deines Vaters, immer wieder willkommen. Vergiss den Raum bitte nicht, komme wieder, um in dem Raum die Heiligkeit aufs Neue zu spüren. Der Allmächtige begleite Dich auf Deinen Wanderungen. Sein Segen sei immer bei Dir, so dass Du Dein Ziel erreichst. Kehre gesund in Deine Heimat zurück und sei bereichert mit neuen Eindrücken für Deinen Alltag.
„Der Raum, in dem Du stehst, ist heilig“.
Denke nach: Er verbindet Himmel und Erde
Es grüßt Dich
Wieslaw Johannes Kowal
Stadtpfarrer Geistlicher Rat
Ü b e r b l i c k d e r H i s t o r i e
Wenn Sie ein wenig herumschauen, werden Sie aber auch einige kunsthistorisch interessante Dinge entdecken.
Sie finden keine Ausstattung in einem einheitlichen Stil vor (etwa Gotik oder Barock), sondern eine Ansammlung sehr unterschiedlicher Teile. Darin spiegelt sich die lange Geschichte mit den vielen Veränderungen wieder, die dieses Gotteshaus und unsere Stadt erlebt haben.
Der Kirchenbau zeigt noch die Grundform der Gotik und wurde Anfang des 14. Jahrhunderts begonnen. Aus dieser Zeit stammen noch der untere Teil des Turmes, Teile des Chores und der Südwand (an der Burgstraße). Von außen kann man zugemauerte Tür- und Fensteröffnungen erkennen. Etwa hundert Jahre später wurde das Kirchenschiff umgebaut und erweitert, 1512 wurde der Turm ausgebaut. Beim großen Stadtbrand 1684 wurde auch die Kirche stark beschädigt. die ganze Innenausstattung ging verloren.
Beim Wiederaufbau wurden dann, der damaligen Zeit entsprechend, Barockaltäre aufgestellt. Am 26. Juni 1692 konnte die Kirche neu geweiht werden. Patron ist der heilige Crescentius, der als Glaubensbote am Rhein tätig war und um das Jahr 406 beim Germanenüberfall auf Mainz den Martertod erlitt.
Das verweist auf die alte Verbindung unserer Stadt zum geistlichen Kurfürstentum Mainz hin, die von 1266 bis zur Säkularisation1803 bestanden hat. Das Mainzer Rad findet sich noch im Stadtwappen von Naumburg und im Wappen des Kurfürsten Anselm Franz von Ingelheim auf der Mittelrippe des Gewölbes vor dem Chorbogen. Dieser Status als Mainzer Amt ist auch der Grund, warum Naumburg in der Reformationszeit nicht, wie die ganze Landgrafschaft Hessen-Kassel, die neue Lehre annahm, sondern katholisch blieb.
In den Jahren 1896/97 erfolgte eine Innenrenovierung. Die barocke Ausstattung wurde entfernt und durch eine neugotische ersetzt. Aus dieser Zeit ist die Verglasung der schmalen hohen Fenster, der Wandschrank im Chor der Orgelprospekt und die beiden Bilder auf der Orgelempore.
Neue Veränderungen kamen durch die Neugestaltung des Altarraumes zwischen 1965 und 1970. Dabei wurde die neugotische Ausstattung weitgehend entfernt.
Das jetzige Aussehen hat der Kirchenraum nach einer grundlegenden Sanierung in den Jahren 1991 und 1992 erhalten. Dabei wurde auch das seit dem Stadtbrand (1684) zugemauerte zentrale Chorfenster wieder geöffnet und mit einer neuen Verglasung versehen.